Zum Antikriegstag

Der Jahrestag des Überfalls der deutschen Wehrmacht auf das benachbarte Polen und damit des Beginns des Zweiten Weltkriegs wird in Deutschland seit Ende der 1950er Jahre als Antikriegstag begangen. Dies ist der 1. September, also der heutige Tag. Der Antikriegstag hat jedoch eine viel ältere Historie in Deutschland und wurde aus der kirchlichen Bewegung und vor allem nach der Novemberrevolution 1918/19 von Friedensorganisationen und aus der Arbeiter:innenbewegung heraus initiiert.  

Friedensorganisationen wie die von Bertha von Suttner gegründete Deutsche Friedensgesellschaft sowie Organisationen und Parteien der Arbeiter:innenbewegung riefen unter der Parole „Nie wieder Krieg“ zu jährlichen Kundgebungen und Demonstrationen zuerst am 1. August auf, dem Tag des Beginns des 1. Weltkrieges. In der Weimarer Republik waren die Erinnerungen an den Krieg, das Leid und den Hunger noch allgegenwärtig, weshalb der 1. August zum Antikriegstag deklariert wurde. Doch bereits während des 1. Weltkriegs gab es Antikriegsdemonstrationen, so durch die Spartakusgruppe am 1. Mai 1916 in Berlin organisiert, bei der auch Karl Liebknecht sprach.

Und überhaupt sollte auf Karl Liebknecht in diesem Zuge näher eingegangen werden. Er, der 1912 den „Kaiserwahlkreis“ eroberte, zudem Potsdam gehörte – Nowawes jedoch nicht, stellte sich als erste Person im Reichstag gegen die Kriegskredite zur Finanzierung des 1. Weltkrieges und vertrat als Führungsperson der Arbeiter:innenbewegung in der Öffentlichkeit vehement seine Ablehnung zum Krieg. Dies bezahlte er mit einem Gefängnisaufenthalt im Zuchthaus Luckau und als Gründer der Kommunistischen Partei Deutschlands 1919 mit seinem Leben.

Auch in Nowawes und Potsdam fanden regelmäßig Aktivitäten statt. In Nowawes trafen sich die Kriegsgegner:innen häufig an stark frequentierten Orten wie vor dem Rathaus. Mit der Herausgabe des Roten Pioniers durch die KPD-Ortsgruppe Nowawes nahmen die Antikriegsthemen eine zentrale Rolle ein, bei der sogar in den 1930er Jahren Sondernummern herausgegeben wurden.

Bei den Kundgebungen kam es auch zu Zusammenstößen mit der Polizei, so im Jahr 1924, als die Sicherheitspolizei eine KPD-Kundgebung in Erinnerung an den Kriegsausbruch 1914 auflöste. Doch nicht immer gipfelt es in Gewalt. Im selben Jahr, in dem durch den Internationalen Gewerkschaftsbund ein Internationaler Antikriegstag am 3. Septemberwochenende aufgrund der 10. Wiederkehr des Kriegsbeginns aufgerufen wurde, veranstaltet das Gewerkschaftskartell eine Kundgebung unter dem Motto „Nie wieder Krieg!“ in dem Nowaweser Restaurant „Turnhalle“, bei dem der Betriebsrätesekretär des Deutschen Verkehrsbundes spricht.

Eine der größten Antikriegsdemonstrationen fand unter Beteiligung der Nowaweser:innen und vor allem Berliner:innen am 1. August 1926 in Potsdam statt. Rund 7000 Personen demonstrierten für den Frieden vom Kleinen Exerzierplatz bis zum Bassinplatz. Jene große Demonstration stand auch unter der Auseinandersetzung der sogenannten Fürstenenteignung, in der es um die Frage ging, was mit dem bisher beschlagnahmten Vermögen der deutschen Fürstenhäuser geschehen solle, die im Zuge der Novemberrevolution von 1918 politisch entmachtet worden waren. KPD und SPD schoben ein Volksbegehren an, ein Volksentscheid scheiterte.

Noch einmal nahm die Antikriegsbewegung mit der offenen Wiederaufrüstung Deutschlands Fahrt auf, bei der vor allem der Panzerkreuzerbau thematisiert wurde. Kriegsgegner:innen, darunter vor allem Sozialdemokrat:innen wie Kommunist:innen, kämpften „für Kinderspeisung – gegen Panzerkreuzerbau“, es folgten Volksbegehren und Volksentscheid, aber letztendlich konnten sie dem Vorhaben zum Bau von Kriegsschiffen nichts entscheidendes entgegensetzen. Die Antikriegsbewegung verlor langsam an Fahrt, stattdessen stieg die NSDAP auf und gesellschaftlich begann eine Duldung bzw. Verherrlichung des Militarismus zu dominieren.